22.6.2020

Beschäftigte in der Altenpflege verdienen die volle Corona-Prämie – Niedersachsen muss das fehlende Drittel finanzieren

Offener Brief an die Fraktionen und Abgeordneten des Niedersächsischen Landtags

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großer Zuversicht sehen wir Ihrer Beratung zum zweiten Nachtragshaushalt 2020 in Bezug auf die Anerkennungsprämie für Beschäftigte in der Altenpflege entgegen: Nachdem in den vergangenen Wochen fast ausnahmslos alle Bundesländer beschlossen haben, den Aufstockungsbetrag zu übernehmen, gehen wir davon aus, dass diese Entscheidung für Niedersachsen nur noch eine Formsache ist.

Der DDN begrüßt die mit der Prämie zum Ausdruck gebrachte Anerkennung für alle in dieser Zeit unter besonderer Belastung stehende Beschäftigen in den Altenpflegeeinrichtungen. Gerade in der Corona-Krise wird offensichtlich, dass die Beschäftigten in systemrelevanten Arbeitsfeldern häufig strukturell unterbezahlt werden. In den sozialen Einrichtungen der Gesundheits- und Daseinsvorsorge sind das insbesondere die Beschäftigen in der Altenpflege. Deshalb ist es richtig, gerade ihnen in dieser außergewöhnlichen Situation eine besondere Wertschätzung entgegenzubringen. Auf diesem Weg möchte der DDN Sozialministerin Dr. Carola Reimann und vielen weiteren Abgeordneten für ihren Einsatz in dieser Sache ganz ausdrücklich Dank sagen.   Weil die von uns vertretenen Pflegeunternehmen von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege den strengen Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts unterliegen, wäre für sie eine Beteiligung an den Kosten nicht darstellbar: Die für Pflegeleistungen eingenommenen Mittel müssen zeitnah und zweckgebunden eingesetzt werden, deshalb können faktisch keine substanziellen Rücklagen gebildet werden. Darüber hinaus werden die Pflegesätze mit den Pflegekassen prospektiv verhandelt, sind mit Kosten hinterlegt und dürfen nur einen zukünftigen Zeitraum betreffen. Nachträglich Verhandlungen sind nicht möglich, und gerade in der ambulanten Pflege decken die zugebilligten Entgelte oftmals nicht die gesamten anfallenden Kosten. Im laufenden Wirtschaftsjahr hätten die Träger aus diesen Gründen keinen Spielraum für eine zusätzliche, aus eigenen Mitteln finanzierte Beteiligung an der Prämie.

Mit der Übernahme des Aufstockungsbetrags durch das Land sendet auch Niedersachsen ein positives Signal an die Beschäftigten aus und motiviert sie damit für die weiterhin bestehenden besonderen Herausforderungen.

Bei dieser einmalig auszuzahlenden Corona-Prämie darf es aus Sicht des DDN aber nicht bleiben. Denn der Pflegeberuf verdient dauerhaft mehr Wertschätzung – nicht nur in Zeiten der Corona-Pandemie. Das Ziel unseres Verbands ist es deshalb, die Arbeitsbedingungen der strukturell unterbezahlten Beschäftigten in der Altenpflege nachhaltig zu verbessern und dadurch den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen.

Wir werden uns weiterhin für eine tarifvertraglich verbindlich und dauerhaft gewährleistete Anhebung des Entgeltniveaus für diese wertvolle Arbeit einsetzen. Über die Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP), der der DDN angehört, wollen wir die bereits fortgeschrittenen Tarifverhandlungen mit Ver.di über einen Tarifvertrag in der Altenpflege so bald wie möglich wieder aufnehmen und weiterhin dessen Allgemeinverbindlichkeitserklärung anstreben.

Mit freundlichen Grüßen

Rüdiger Becker Vorstandsvorsitzender des DDN