16.3.2021

Spahn ändert Pläne zur Pflegefinanzreform zum Nachteil von Heimbewohnern und Pflegekräften

Ein flächendeckender Tarifvertrag für die Altenpflege sollte für bessere Löhne sorgen und den Beruf wieder attraktiver machen. Die Gewerkschaft Verdi hatte sich mit der Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) auf einen solchen Vertrag geeinigt. Doch Ende Februar scheiterte dieser am Veto des katholischen Wohlfahrtverbands Caritas. Auch die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland verweigerte dem Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit die Zustimmung, in dem sie auf Betreiben der Dienstgebervertreter schlicht gar nicht über den Antrag abstimmten.

Vom Druck der Drohung eines allgemeinverbindlich geltenden Tarifvertrags über Mindestarbeitsbedingungen in der Altenpflege entlastet hat Gesundheitsminister Spahn nun seine Vorschläge zur Pflegefinanzreform konkretisiert. Gegenüber dem im November veröffentlichten Eckpunktepapier, das von den Gegnern eines allgemeinverbindlich geltenden TV Altenpflege Deutschland, u.a. auch den Dienstgebervertretern in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen von Diakonie und Caritas, als diesen überflüssig machende Alternative bezeichnet wurde, weicht der Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Pflegeversicherung (Pflegereformgesetz) in entscheidenden Punkten nun ab.

Danach sollen die Heimbewohner im ersten Jahr im Pflegeheim weiter den vollen Eigenanteil selbst tragen, im zweiten Jahr soll er auf 75 %, im dritten Jahr auf 50 Prozent und ab dem vierten Jahr dauerhaft auf 25 Prozent gekürzt werden. Das bedeuten, dass auch künftig höhere Personalkosten deutlich zum Nachteil der Heimbewohner auswirken werde. Die durchschnittliche Verweildauer im Pflegeheim liegt je nach Statistik zwischen anderthalb und zwei Jahren. – Nach dem BARMER-Pflegereport 2019 sind von den Zugangskohorten 2011 bis 2017 nach einem Jahr noch 54,3 bis 58,3 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner, nach zwei Jahren noch 40,4 bis 43,7 Prozent und nach vier Jahren noch 22,6 bis 24,5 Prozent im Heim (vgl. S. 71).(Name des Berichts (barmer.de). Im Wesentlichen werden die Pflegebedürftigen demnach zunächst selbst, später die für sie einstehenden Sozialhilfeträger weiterhin mit den Kosten der Heimunterbringung belastet. Die Finanzierung der aus einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte resultierenden, höheren Personalkosten sollen also zum Löwenteil von ihnen finanziert werden müssen. Damit wird nach dieser Planung bewusst der Konflikt auf der moaralischen Ebene gefördert, dass Regelungen für bessere Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte stets zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen würden.

Gleichzeitig scheint auch die Zusage, dass nur Tariflöhne zahlende Einrichtungen mit der Pflegekasse abrechnen dürfen sollen relativiert zu sein. Im Artikel heißt es, „dass die Pflegeversicherung künftig nur mit Pflegediensten und -einrichtungen Verträge abschließen darf, die eine Entlohnung nach einem Tarifvertrag oder einer kirchlichen Arbeitsrechtsregelung zahlen“. Das könnte bedeuten, dass nur neue Leistungsanbieter am Markt auf Tariflöhne verpflichtet würden. Für Bestandunternehmen bliebe alles, wie gehabt. Hier gilt es, den Gesetzentwurf sehr kritisch zu begleiten.